Freitag, 3. April 2015

52/52 Challenge: Die Nachtjägerin

Nr. 13. :D
Ich bin ja natürlich schon wieder etwas weiter. :P Und ja, ich habe vor diese Challenge definitiv zu schaffen. ;D (Ähm ja, zu viele Smileys.)
Bei dieser Kurzgeschichte hat mich mal wieder ein kleiner Plotbunny angefallen. Allerdings weiß ich noch nicht, was daraus so werden wird. Eine zweite Kurzgeschichte hierzu, also eine Fortsetzung, ist aber schon in Planung.
Viel Spaß beim Lesen.

Wort: Jäger
Wörter: 1190

Die Nachtjägerin

Da war dieses Mädchen. Sie hieß Analia und sie besaß diese Fähigkeit. Die Fähigkeit, zu verschwinden und aufzutauchen. Den einen Moment stand sie auf dem Flur, ein schwaches Lächeln auf den Lippen und in der nächsten Sekunde war sie weg. Rina hatte nur kurz in ihre Tasche geschaut und plötzlich stand sie nicht mehr dort, wo sie vorher gestanden hatte. Nachdem Rina im Bad und in der Küche nachgeschaut hatte, fand sie Analia schlafend in ihrem Bett, als wäre sie gar nicht eben auf dem Flur gewesen.
Eine Weile stand Rina in der Tür und betrachtete das andere Mädchen. Analia hatte immer dunkle Schatten unter den Augen, als würde sie nur sehr wenig schlafen und jedes Mal, wenn sie sich in der WG über den Weg liefen, wirkte sie unheimlich müde und erschöpft. Sie sah stets aus, wie aus dem Bett gefallen. Ihre braunen, schönen Haare waren ganz durcheinander und der Zopf, den sie dann trug, drohte sich jede Sekunde aufzulösen. Sprechen tat sie in diesem Zustand auch nicht gerne und zuhören auch nicht. Eigentlich tat sie gar nichts gerne, wenn sie so drauf war und tagsüber traf man sie nicht anders an. Rina hatte sie zumindest während des Tages noch nicht anders erlebt.
Nachts hingegen... Nachts erwachte Analia zum Leben. Anders ließ sich die heftige Veränderung von ihrem Tag-Ich zu ihrem Nacht-Ich nicht erklären. Es war, als würde erst die Dunkelheit sie erwecken. Wie so ein Vampir. Der Gedanke ließ Rina grinsen. Wobei es sie nicht wundern würde, wenn Analia tatsächlich ein Vampir war.
Denn was auch immer Analia machte, um Geld zu verdienen, nachts war sie wach und unterwegs und tagsüber war sie müde und schlief die meiste Zeit. Dass sie ein Vampir war, war tatsächlich nicht so abwegig. Aber es war wahrscheinlicher, dass sie einfach irgendwo in der Nachtschicht arbeitete. Vielleicht war sie ja Stripperin. Den richtigen Körper dafür hatte sie und schön war sie sowieso.
Rina schüttelte mit dem Kopf, wandte sich von Analias Bett ab und schloss die Tür. Mit ihrer Kaffeetasse in der Hand ging sie zurück in die Küche, frühstückte und machte sich für die Uni fertig, um zwanzig Minuten später die Wohnung, die sie sich mit insgesamt drei anderen teilte, zu verlassen.
Als sie am Abend wieder nach Hause kam, saß Analia auf dem Küchentisch. Das lange, braune Haar hatte sie zu einem glatten Zopf nach hinten gebunden. Sie trug Lederjacke und schwarze Stiefel, als ob sie jeden Moment aufbrechen würde und das würde sie wohl auch.
„Hey, Rina“, begrüßte sie ihre Mitbewohnerin und lächelte. Analia lächelte selten, selbst wenn sie in ihrer euphorischen ''Gleich geht’s los''-Stimmung war. Umso überraschter war Rina, aber dann erwiderte sie das Lächeln auf die gleiche, verträumte Weise.
„Hey“, hauchte sie.
Analia schwang sich vom Tisch und gab Rina einen kurzen Kuss auf den Mund. „Deine Haare sehen heute toll aus“, sagte sie und lächelte Rina noch einmal zu, bevor sie aus der Küche verschwand und gleich darauf zu hören war, wie die Wohnungstür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Benommen berührte Rina zuerst ihre Lippen und anschließend ihr Haar. Ja, heute hatten ihre blonden Locken gut ausgesehen. Sie musste sich erst einmal setzten und tief durchatmen.
Dass war nicht das erste Mal, dass sie sich geküsst hatten und es würde sicherlich nicht das letzte Mal sein und Rina hatte nichts dagegen oder so, überhaupt nicht, im Gegenteil. Auch wenn sie niemals gedacht hätte, dass Analia auch etwas von ihr wollen würde und Rina war auch vorher noch nie mit einem Mädchen richtig zusammengewesen. Na ja, richtig zusammen waren sie auch nicht. Oder? Rina wusste es nicht und Analia wusste, wie sie dieses Thema geschickt umgehen konnte.
Seufzend stand Rina auf, brachte ihre Sachen in ihr Zimmer und setzte sich auch dort erstmal aufs Bett. Es war ein anstrengender Unitag gewesen und sie kam nicht umhin, sich zu wünschen, dass Analia jetzt neben ihr auf dem Bett sitzen könnte und sie gemeinsam einen gemütlichen Abend haben könnten.
Aber dafür war Analia wohl einfach nicht die Person. Analia gehörte zu diesen Menschen, die unheimlich flüchtig in ihrer Erscheinung waren. In der einen Sekunde da, in der anderen weg. Zusätzlich umgab sie noch diese geheimnisvolle Aura. Fast war es, als wäre sie bloß ein Schatten oder ein Geist. Manchmal fragte Rina sich, ob Analia überhaupt wirklich existierte.
„Rina? Willst du auch was vom Chinesen bestellen?“ Max tauchte im Rahmen von Rinas Zimmertür auf. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie die Tür offen gelassen hatte.
„Klingt gut.“ Sie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich.
Sie winkte ab. „War bloß ein anstrengender Tag an der Uni.“
Gemeinsam gingen sie in die Küche, um sich ihr Abendbrot zu bestellen. Nachdenklich betrachtete Rina Max von der Seite. Max war Analias Ex. Sie hatten sich nicht im Schlechten getrennt, sonst würden sie wohl kaum in der gleichen WG wohnen. Aber wirklich viel sprechen taten die Zwei nicht miteinander. Okay, dazu hatten sie auch nicht wirklich Gelegenheit. Analia schlief ja tagsüber entweder oder gab ohnehin nur einsilbige Antworten und abends beziehungsweise nachts war sie unterwegs.
„Frag ruhig. Ich kenne Analia und Andrian schon ziemlich lange“, meinte Max. Ertappt wandte Rina den Blick ab und schaute einige Sekunden auf den Tisch.
„Waren sie schon immer so? Ich meine, dass Analia tagsüber immer schläft und nachts weg ist und Andrian den ganzen Tag weg ist und kaum, dass er Zuhause ist, ins Bett fällt.“ Sie glaubte nicht, dass Max darauf eine zufriedenstellende Antwort für sie hatte. Solch eine Antwort gab es wahrscheinlich gar nicht. Vielleicht wollte Rina auch gar nicht wissen, was dahintersteckte.
„Hm“, überlegte Max laut. „Es war auch schon so, als ich die Zwei kennenlernte. Damals war es noch nicht so extrem, aber vom Muster her genauso, wie heute. Ich weiß auch nicht, was dahintersteckt. Man macht sich natürlich seine Gedanken. Aber ich glaube, es ist besser, wenn wir als Außenstehende da nicht zu viel drüber nachdenken.“ Mit einem aufmunternden Lächeln klopfte Max ihr auf die Schulter.

Tief einatmend hielt Analia ihr Gesicht in den Wind. Sie atmete die Nacht ein, fühlte sie und fühlte das Blut durch ihre Adern pulsieren. Sie fühlte den Wind und als sie den Kopf in den Nacken legte, sah sie die Sterne als kleine Lichtpunkte in der Dunkelheit des Himmels.
Der kleine, schwarze Diamantanhänger, der an der Silberkette um ihren Hals hing, wurde warm. Instinktiv griff sie danach und beschleunigte ihre Schritte, bis sie in einen leichten Trap verfallen war. Ihr Atem ging nach wie vor gleichmäßig. Ihr Herzschlag allerdings hatte sich beschleunigt.
Ein silberner Schleier legte sich über alles, was sie sah, als sie den schwarzen Diamantanhänger fest mit einer Hand umschloss. Der Schleier blieb, als sie den Diamantanhänger wieder losließ. Der Griff einer Silberklinge lag vertraut in ihrer Hand.
Ein Schatten huschte rechts an ihr vorbei. Er war zu schnell, um ihn zu treffen. Allerdings verschwand er nicht in der nächsten Gasse, sondern manifestierte sich keine fünf Meter vor ihr. Der Schatten formte sich zu der Gestalt eines schwarzhaarigen, etwa 19-jährigen Jungen.

„Nachtjägerin.“ Der Nachtdämon lächelte. „Ich habe dich schon erwartet.“

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