Freitag, 29. Mai 2015

52/52 Challenge: Die Goldfische

Und hier ist auch schon die Nr. 38.
Schreibe im Moment an 42. :) Ziellinie ist in Sicht, würde ich sagen. :D

Fandom: Free!

Wort: Fisch
Wörter: 1601

Die Goldfische

Es war am Jahrestag des Taifuns. Es war ein Samstag und wie jeden Tag wechselte ich die Blumen der Vase, die auf dem Goldfisch Grab stand. Die Goldfische, die mir der alte Fischer einst geschenkt hatte... Der alten Fischer, der damals von dem Taifun getötet worden war, weshalb ich noch immer etwas Angst vor dem Ozean hatte. Etwas war wohl untertrieben, ich hatte ziemlich große Angst. Aber zum Glück musste ich so gut wie nie im Meer schwimmen.
Ich schloss die Augen und dachte an jenen Tag zurück. Allein die Erinnerung ließ mich erzittern. Ich hatte noch immer keinen Weg gefunden, damit klarzukommen, damit abzuschließen. Konnte man das überhaupt?
Manchmal dachte ich dann an Rin, dem etwas ganz ähnliches passiert war. Was ihm passiert war, war sogar noch schlimmer. Er hatte seinen Vater an einen Sturm, ans Meer verloren. Ich hatte ihn immer dafür bewundert, wie stark er war, das durchzustehen. Er hatte einen Weg gefunden, damit umzugehen und wollte Olympischer Schwimmer werden, so wie sein Vater es sich einst erträumt hatte.
Im Vergleich mit seinem erschien mir mein Trauma klein und unbedeutend. Doch das änderte nichts daran, dass es mir schmerzte, an den alten Fischer zu denken.
Ich erhob mich seufzend und erschrak, als ich Haru neben mir stehen sah. „S-Seit wann bist du denn hier?“, brachte ich hervor.
„Seit ein paar Minuten“, erwiderte er, sah mich aber nicht an, sondern schaute auf das Grab. Ganz am Anfang hatte ich gedacht, dass er es vielleicht albern finden könnte, aber das hatte er natürlich nicht. Und jetzt fand er es auch nicht albern, oder? Es waren so viele Jahre vergangen. Eigentlich sollte ich längst damit abgeschlossen haben, oder? War doch peinlich, dass ich wegen sowas Angst vor dem Ozean hatte...
Ich biss mir auf die Unterlippe. Haru und ich kannten einander wie niemand anderen und wir verstanden einander wie niemand anderes. Er fand es ganz bestimmt nicht peinlich. Er verstand mich.
Und doch war da ein leiser Zweifel. Ein Zweifel, der aber absolut nichts mit Haru zu tun hatte, zumindest nicht auf diese Weise. Ich zweifelte nicht an ihm. Ich zweifelte an meinen Gefühlen, wobei zweifeln nicht ganz das richtige Wort war. Nein, ich zweifelte nicht. Ich wusste, was ich fühlte, auch wenn es mir noch nicht sehr lange bewusst war.
„Gehen wir rein“, sagte ich zu Haru und ging vor zur Haustür. Ich zog mir gerade die Schuhe aus, da betrat auch er das Haus. Meine Eltern waren mit den Zwillingen in einen Vergnügungspark gefahren. Mir war nicht so danach zu mute gewesen. Außerdem hatte ich mich schon mit Haru verabredet. Vielleicht wäre er gerne hingegangen? Wir hätten zusammen gehen können...
„Ich mach uns Tee.“ Noch bevor er seine Schuhe aus hatte, war ich schon in der Küche und setzte den Tee auf. Mein Herz schlug ein klein wenig zu schnell. Es wurde immer schlimmer. Eigentlich war er mein Ruhepol, doch in letzter Zeit war ich besonders in seiner Nähe super nervös. Daran hatte ich gemerkt, dass sich etwas an meinen Gefühlen zu ihm verändert hatte. Als ich dann das erste Mal von ihm geträumt hatte, wusste ich, dass ich mehr für ihn fühlte, als Freundschaft.
Für mich ging das völlig in Ordnung. Es war eben das, was ich fühlte und irgendwie überraschte es mich nicht einmal sonderlich. Ich kannte Haru so gut, wir kannten einander so gut. Natürlich liebte ich ihn.
Trotzdem wusste ich absolut nicht, was er darüber dachte. Sicher war ihm aufgefallen, dass etwas an mir anders war. Aber was Zwischenmenschliches betraf, brauchte er lange, um etwas zu erkennen. Er kannte mich genauso gut, wie ich ihn kannte und er war ein sehr guter Beobachter, aber ihm entgingen oft die offensichtlichsten Dinge.
Auf einem kleinen Tablett trug ich die kleine Teekanne und zwei Tassen zum Tisch. Haru hatte sich bereits hingesetzt. Ich setzte mich ebenfalls und schenkte in beide Tassen etwas ein. Er nahm seine gleich in die Hände und pustete. Ich musste lächeln. Wie versunken er immer wirkte. In jeder Kleinigkeit schien er vollkommen aufzugehen, auch wenn er nichts so leidenschaftlich tat, wie das Schwimmen.
Ich pustete ebenfalls, damit der Tee ein klein wenig schneller abkühlte. Er roch wundervoll. Es war ein Beruhigungstee. Sowas brauchte ich jetzt definitiv.
„Du denkst noch oft an das, was damals passiert ist, oder?“, fragte Haru.
Ich erwiderte seinen Blick und nickte. „Ist das seltsam?“
Haru schüttelte mit dem Kopf. „Nein, es ist menschlich.“
„Meinst du? Ich finde, nach all den Jahren, sollte ich endlich mal damit abschließen“, murmelte ich und nahm rasch einen Schluck von dem Tee. Ich verbrannte mir etwas die Zunge, was ich mir nicht anmerken zu lassen versuchte. Das endete damit, das Haru mir ein Glas kalten Saft brachte. Ich hatte zwar gesagt, dass ich es nicht brauchte, aber manchmal war er wirklich schrecklich fürsorglich. Na ja, ich war nicht besser, wenn es ihm in irgendeiner Weise schlecht ging.
Wir tranken den Tee aus, redeten ein bisschen über die Schule und das Schwimmtraining, dann gingen wir hoch in mein Zimmer, um ein bisschen an der Konsole zu zocken. Haru liebte diesen neue Spiel, bei dem wir uns in einer Unterwasserwelt befanden. Ich konnte es ihm nicht verdenken, es war wirklich cool, wobei er vermutlich nur an das ganze Wasser dachte.
Nach ein paar Runden sagte er mir, dass er noch wohin müsse und verabschiedete sich ziemlich plötzlich. Ich war etwas verwirrt. Aber so war Haru nunmal. Wahrscheinlich waren Makrelen irgendwo im Sonderangebot. Wäre nicht das erste Mal, dass er deshalb alles stehen und liegen ließ.
Etwas niedergeschlagen schloss ich die Tür. Heute wollte ich eigentlich nicht alleine sein. Ob ich Nagisa anrufen sollte? Ich wusste, dass er sofort kommen würde. Aber konnte ich seine aufgedrehte Art gerade aushalten? Ich bezweifelte das irgendwie. Ich brauchte Haru.
Ich machte mir erstmal noch eine weitere Tasse von dem Beruhigungstee. Wenn nichts anderes half, Tee half immer. Und Schokolade. Schokolade half auch immer.
Haru war kaum eine Stunde weg, da klingelte es an der Tür. Hatte er Nagisa angerufen, damit der sich um mich kümmerte? Möglich war es. Rücksichtlos war Haru nämlich ganz bestimmt nicht.
Doch als ich die Tür öffnete, stand Haru vor mir. „Haru!“, sagte ich überrascht, verwirrt und erfreut gleichzeitig.
Er sah mich direkt an. „Wenn die Fische noch leben würden, würde das etwas ändern?“ Verwirrt wusste ich zuerst nicht, wovon er sprach und dann wollte ich lachen, aber ich unterdrückte es. Er sah so ernst aus. „Goldfische leben leider nicht sehr lange, Haru.“
„Das stimmt nicht! Ich habe schon gestern in einem Laden gefragt. Es kommt sehr darauf an, wie sie gehalten werden und die, die du damals bekamst, waren schon alt“, erklärte er. Erneut war ich überrascht, wie wichtig ihm das Alles war. Das hatte ich nicht gewusst. War das wegen mir? Weil es mir so wichtig war?
Mir traten schon die Tränen in die Augen, da holte er etwas hinter seinem Rücken hervor. „Sie müssen schnell in ein größeres Aquarium. Sie können zu den anderen Fischen, die Ren und Ran zu ihrem letzten Geburtstag bekommen haben. Ich hab auch deswegen im Laden gefragt.“
Jetzt kamen mir wirklich die Tränen. Ehe ich mich versah, hatte ich schon die Arme um ihn geschlungen und dann... küsste ich ihn. Ich tat es einfach, aus dem Gefühl heraus, aus dem Bauch heraus. Ich war selbst überrascht. Aber es fühlte sich absolut richtig an. Nichts war daran falsch, rein gar nichts.
Und Haru... erwiderte den Kuss. Er erwiderte den Kuss!
Als wir uns voneinander lösten, sah auch er überrascht aus. Ich wollte wieder wachen und ich weinte noch immer etwas vor Rührung.
„Du bist so wundervoll, Haru“, flüsterte ich und er wurde tatsächlich etwas rot.
„Die Fische müssen in das Aquarium“, murmelte er mit abgewandtem Kopf.
„Oh. Ja, klar, lass uns hoch gehen.“ Für einen Moment hatte ich die Fische ganz vergessen.
Wir gingen also hoch und ließen die zwei Goldfische zu denen von Ren und Ran, die sich in einem Aquarium in ihrem Zimmer befanden.
Ich betrachtete die zwei Goldfische, wie sie durchs Wasser schwammen, wie ihre Schuppen glänzten. Sie sahen denen von damals sehr ähnlich.
„Danke“, hauchte ich und sah Haru neben mir an. Er hatte ebenso die Fische betrachtet wie ich. Ich glaube, er wünschte sich oft, selber ein Fisch zu sein. Vielleicht war er es in einem anderen Leben gewesen. Der Gedanke kam mir gar nicht so absurd vor, wenn man bedachte, wie er sich im Wasser bewegte und wie sehr er es liebte.
„Ich wollte einfach irgendetwas tun“, sagte er, den Blick noch immer auf die Fische gerichtet.
Ich griff nach seiner Hand und schob meine Finger in seine. Er zog seine Hand nicht zurück oder ähnliches. „Das hast du. Du hast etwas getan“, lächelte ich. „Ich glaube, du hast es geschafft, dass die Erinnerung an den Fischer jetzt endlich etwas erträglicher für mich ist.“
Ich atmete tief durch und da drückte er meine Hand. Als ich ihn ansah, reckte er sich zu mir hoch und küsste mich.
Seitdem waren wir sowas ähnliches wie zusammen. Wir waren ein Paar. Wir verhielten uns einander gegenüber so und auch anderen gegenüber. Ich wusste, dass Haru gedanklich manchmal noch sehr mit Rin beschäftigt war. Mit Rin war er vorher zusammen gewesen, nicht ganz so öffentlich, aber es war für alle klar gewesen, wie viel die Zwei einander bedeuteten.
Doch Rin war nach Australien gegangen und jetzt war ich mit Haru zusammen. Und ich würde Haru glücklich machen, so wie er mich mit den Goldfischen glücklich gemacht hatte, so wie er mich mit seiner bloßen Anwesenheit glücklich machte.

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