Mittwoch, 27. Mai 2015

52/52 Challenge: Vergessen, wer man war - Sein, wer man ist

Die 36. Kurzgeschichte. \o/
Dieses Mal wieder Fanfiktion.^^
Fandom: Noragami

Wort: Vergessen
Wörter: 954


Vergessen, wer man war - Sein, wer man ist

Es war die Nacht nach dem Reinigungsritual.
Kofuku hatte Yato und Yukine ein Zimmer in ihrem Haus zur Verfügung gestellt. Es hatte ein Bett, eher ein Futon. Es war nicht so schön wie bei Hiyori, aber es war nirgends so schön wie bei Hiyori. Doch weder Yato noch Yukine wollten sich beschweren. Sie hatten das Reinigungsritual überlebt, das war gerade alles, was zählte.
Yukine sah hinüber zu Yato. Er lag still da und schlief. Yukine sollte auch schlafen. Wie Yato war auch er restlos erschöpft. Aber er schaffte es einfach nicht einzuschlafen. Sonst lag das ja oft an der Dunkelheit. Doch er lag mit Yato zusammen auf dem etwas größeren Futon. Die Dunkelheit war es gerade nicht, die ihm Angst machte. Es war die Zukunft. Die Zukunft, die er nicht hatte. Die Zukunft, die...
Ihm traten Tränen in die Augen. Er drehte sich von Yato weg und zog die Beine an seine Brust, soweit das möglich war. Eine Hand presste er sich auf den Mund, um sein Schluchzen zu unterdrücken. Ein Wimmern entwich ihm dennoch und er konnte seinen Körper nicht daran hindern, zu zittern.
„Yukine, du kannst mit mir reden. Genau dadurch ist das Alles überhaupt erst passiert. Also rede mit mir“, bat Yato leise. Er hatte sich zu Yukine umgedreht. Geschlafen hatte er gar nicht, sondern darauf gewartet, dass Yukine etwas sagte. Aber offenbar musste er selbst den Anfang machen.
„Es ärgert mich einfach alles so unheimlich“, brachte Yukine hervor. „Alles. Ich bin tot und ich weiß nicht einmal, warum oder wer ich war. Ich werde nie älter werden und nie Freunde haben. Ich habe keine Zukunft. Ich...“
„Yukine, sieh mich an. Sieh mich an“, forderte Yato sanft. Nach ein paar Sekunden drehte Yukine sich widerwillig zu seinem Meister um. Die grob weg gewischten Tränen glänzten noch auf seinen Wangen.
Yato widerstand dem Drang seine Hand auf Yukines Wange zu lege. Als sein Meister sollte er solche Gefühle nicht haben. Oder? Er wusste es nicht. Er wusste schon lange nicht mehr, was richtig und falsch war, hatte es nie wirklich gewusst, würde es wohl nie wirklich wissen. Yukine würde wahrscheinlich zurückschrecken und das durfte er nicht riskieren. Nicht, nachdem sie gerade das Reinigungsritual überlebt hatten.
„Mag sein, dass du alles vergessen hast, was du je gewesen bist. Aber das ist auch eine Chance, jemand Neues zu werden. Du kannst jetzt sein, wer du willst. Sein, wer du bist“, erklärte er dem Jungen vor sich, der schniefte.
„Aber wer bin ich denn, Yato?“, fragte er mit dünner Stimme.
Yato holte tief Luft. „Du bist meine Waffe. Du bist ein Teil von mir. Aber nicht nur das. Du bist mein zweites Stück. Ich weiß, dass ich mit dir alles schaffen kann. Jetzt musst nur noch du auch daran glauben“, sagte er ernst und lächelte liebevoll.
Peinlich berührt wich Yukine Yatos Blick aus. Seine Wangen waren etwas gerötet. „Ich hab nicht gewusst, dass ich dir so viel bedeute“, nuschelte er.
„Du bedeutest mir sogar noch viel mehr“, flüsterte Yato, sodass Yukine es kaum hörte. Doch er hörte es und schaute Yato überrascht wieder an. Dieser versuchte unschuldig zu schauen, aber er wusste schon länger, was Sache war, vielleicht sogar von Anfang an.
„Ist das denn... okay?“, fragte Yukine vorsichtig und etwas ungläubig, nachdem er so halbwegs realisiert hatte, dass Yato diese Worte gerade wirklich gesagt hatte.
Yato zuckte mit den Schultern. „Die Meister und ihre Shinki haben eigentlich immer eine sehr enge Bindung. Es ist nicht so ungewöhnlich.“ Erst nachdem er das gesagt hatte, fiel ihm auf, dass Yukine gar nicht zurückgeschreckt war oder ähnliches. Er lag noch immer dicht bei Yato. Vielleicht nur, weil er die Dunkelheit fürchtete. Aber auch sonst war seine Reaktion ziemlich gelassen gewesen, mehr noch, fast schon erleichtert.
„Yukine, fühlst du auch etwas für mich?“
Erneut erschrak Yukine vor dieser Direktheit seines Meisters, aber so war Yato eben. Es war mit eines der Dinge, die ihn zu einem Arschloch machten. Aber auch mit eines der Dinge, die ihn zu jemand Tollem machten. Yato war wirklich ziemlich widersprüchlich. Aber auch das mochte Yukine irgendwie an ihm. Er mochte irgendwie alles an ihm und gleichzeitig mochte er alles an ihm nicht. Gefühle waren wohl auch ziemlich widersprüchlich.
„Ich weiß nicht. Ja, vielleicht“, gestand er leise und ohne Yato ins Gesicht zu sehen. Trotz der Dunkelheit konnte Yato sehen, dass Yukines Wangen dunkelrot angelaufen waren. Er musste ein Kichern unterdrücken. Yukine war einfach zu süß.
Bevor der Blonde diesen schönen Moment noch auf irgendeine Weise kaputt machen konnte, zog Yato ihn in seine Arme und legte seine Lippen auf die von Yukine.
Jetzt musste er endgültig aussehen wie eine Tomate, dachte Yukine und schloss die Augen. Er erwiderte den Kuss, versuchte sich zu entspannen, sagte sich selbst, dass es okay war. Das hatte Yato ja gesagt. Aber na ja, wie viel konnte man schon auf Yatos Wort geben?
Doch in diesem Fall war es egal, wenn Yato einfach nur selbstsüchtig war. Dann nutzte er Yatos Selbstsucht eben genauso aus. Wenn er schon nichts anderes ''Verbotenes'' tun durfte, dann zumindest das. Und er wollte es. Er wollte von Yato gehalten, geküsst, geliebt werden. Yato war alles, was er hatte und alles, was er brauchte. Das wusste er jetzt.
Und Yato war überglücklich. Niemals hätte er gedacht, dass es doch soweit kommen würde. Doch hier war er und küsste Yukine und er schreckte nicht zurück oder schob ihn weg oder ähnliches. Nein, er erwiderte den Kuss, schüchtern und unsicher, aber er erwiderte ihn. Nie zuvor war Yato so erleichtert und so glücklich gewesen. Jetzt konnte er endgültig neu anfangen, mit Yukine an seiner Seite. Yukine, der alles war, was er hatte und alles, was er brauchte.

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