Freitag, 12. Juni 2015

52/52 Challenge: Lebensfeuer

Die letzte Kurzgeschichte, Nr. 52!
Waaaah, damit habe ich jetzt die 52/52 Challenge geschafft! Gerade noch rechtzeitig, am letzten Tag. ;D Aber ich hab's geschafft.
Es war nicht ganz leicht die letzten Monate. (Hust. Ist ja nicht so, als hätte ich ein ganzes Jahr Zeit gehabt. Hust.) Aber na ja, gut, solange ich es geschafft habe, ist ja alles in Ordnung. :D
Und es war wirklich toll. Sehr inspirierend und ich muss unbedingt die Kurzgeschichten von Pergamentfalter lesen! Sie hat ja die Challenge erst ins Leben gerufen. :)
Vielleicht schreibe ich nochmal ein ausführlicheres Fazit. ;D
Viel Spaß beim Lesen. :*

Wort: Feuer
Wörter: 571

Lebensfeuer

Es brannt. Und es schmerzt. Es schmerzt so sehr. Es zerfrisst mich, von innen nach außen. Und es wird niemals aufhören.
Ich schaue hinauf in den Himmel, die Hand auf meinem Herzen. Es schlägt und pocht in meiner Brust, ein stetiger Schlag, der Blut durch meinen Körper pumpt. Blut und Feuer.
Ich bin nicht, wie die anderen im Dorf. Ich mag so aussehen wie sie, so denken und fühlen, so handeln wie sie. Aber ich bin keine von ihnen. Ich bin kein Mensch und ich werde niemals ein Mensch sein.
Lange Zeit konnte ich es nicht akzeptieren, ja, wollte es nicht einmal glauben. Für mich war es nicht wahr. Ich verbannte es aus meiner Welt, verdrängte es, lief davor davon. Aber man kann nicht vor sich selbst davon laufen. Nicht für immer. Es ist eine aussichtslose Flucht. Am Ende wird die Wahrheit einen immer wieder einholen.
Ich hatte von Anfang an gewusst, dass ich anders war und auch was ich war. Ich hatte es jede Nacht in meinen Träumen gesehen, schon als kleines Kind, sicherlich sogar schon als Baby. Meine Zieheltern hatten mir erzählt, dass ich immer viel geschrien hatte und nicht einschlafen wollte. Genauso wie ich, als ich älter wurde, ebenfalls nicht hatte einschlafen wollen und es soweit wie möglich hinausgezögert hatte.
Wenn ich heute die Augen schließe, lächle ich über das, was ich sehe. Es ist die Geschichte meiner Vorfahren, die unweigerlich auch meine Geschichte ist. Ich bin stolz darauf, froh, ein Teil davon zu sein, anders zu sein.
Ich lasse meine Hand von meinem Herzen runter zu meinem Bauch gleiten. Ich weiß, dass das Feuer überall in mir ist, aber ich stelle mir gerne vor, dass es in meiner Mitte am stärksten brennt, als gäbe es dort eine Quelle, ein Urfeuer sozusagen.
Tief atme ich ein und aus. Meine Augen sind noch immer geschlossen. Ich rieche das Flusswasser und die Pflanzen und spüre den milden Wind durch meine Haare fahren. Es ist so ruhig und still, während es in mir immer laut und wild ist.
Es war schon immer da, das Feuer. Doch erst, als ich alt genug war, als ich 16 Jahre alt wurde, erwachte es und es ist noch dabei zu wachsen. Noch bin ich nicht einmal 18 und es wird wachsen bis ich 25 Jahre alt bin. Erst dann wird es aufhören. Bis dahin muss ich lernen, es zu kontrollieren.
Ich werde heute aufbrechen, zu den Feuermeistern, die hoch in den roten Bergen weit weg von dem Tal, in dem ich lebe, das ich mein Zuhause nenne, wohnen.
Ich öffne die Augen wieder und blicke über den schmalen Fluss hinweg auf die weiten Felder hinaus. Es ist so schön hier, so friedlich. Meine Mutter traf eine sehr gute Wahl, als sie mich hierher brachte, um mich vor denen zu retten, die unser Volk töteten. Ich bin ihr sehr dankbar. Für alles. Auch wenn sie bloß als Gesicht aus meinen Träumen kenne. Meist schaut sie verzweifelt, bestürzt, gehetzt, aber immer auch liebevoll und ganz zum Schluss lächelt sie jedes Mal und küsst mich auf die Stirn. Sie sagt mir: „Bleib stark und unerschrocken, kleines Drachenmädchen. Auf das dein Lebensfeuer niemals erlöschen möge.“
Ich werde ihre Worte nie vergessen. Ich werde alles tun, um stark und unerschrocken zu sein und mein Lebensfeuer ewig brennen zu lassen. Ihr zu liebe, unserem Volk zuliebe.
Denn ich bin die Letzte meiner Art, die letzte Überlebende, das letzte Kind der Drachen.

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