Montag, 25. Mai 2015

52/52 Challenge: Drachenkristall

Die Nr. 34.
Das ist irgendwie nicht ganz so geworden, wie ich es gerne gehabt hätte... Aber na ja, sollte ich die Idee je richtig ausarbeiten, werde ich das auch mit diesem Teil tun.
Drachenfeuer
1. Seelenfeuer
2. Seelenschwert
3. Drachenseele

Wort: Kristall
Wörter: 1638

Drachenkristall

Die Reise dauerte viele, viele Tage, sogar mehrere Wochen. Wir brauchten keinen ganzen Monat, nur fast. Aber das lag auch nur daran, dass diese Idioten tatsächlich darauf bestanden hatten, mit mir zu kommen. Ich brauchte sie nicht und dennoch hatten sie einfach keine Ruhe gegeben.
Trotz meiner Seelen- und damit auch Gefühllosigkeit wusste ich, was natürlich noch, was Höflichkeit und Freundlichkeit waren. Mehr noch, ich konnte sogar jede Emotion sehr gut kopieren und es so aussehen lassen, als würde ich sie tatsächlich fühlen. Aber wofür sollte ich das tun? Sie wussten alle, dass ich keine Seele mehr besaß. Ich wollte meine Energie nicht für so etwas unnützes verschwenden. Auch für sie wollte ich eigentlich keine Energie verschwenden. Es ärgerte mich ungemein, dass sie mir keine Wahl ließen. Aber weil auch dieser Ärger verschwendete Energie bedeutete, musste ich es wohl oder übel hinnehmen.
Mit Seele wäre ich ihnen wahrscheinlich sehr dankbar gewesen. Tja, aber ich hatte ja keine mehr. Also beschwerte ich mich bei jeder Gelegenheit, ohne mich wirklich aufzuregen, versteht sich und hoffte irgendwie, sie dadurch eventuell doch noch zu vertreiben. Aber nein, sie blieben natürlich stur. Dumme, gefühlvolle Menschen.
Na ja, Hauptsache ich erreichte mein Ziel und das tat ich schlussendlich. Darauf konzentrierte ich mich. Das Ziel war ohnehin das Allerwichtigste. Es war alles, was zählte. Alles, was ich war. Wenn ich meine Mission, die Drachen zu töten, erfüllt hatte, war mein Schicksal vollendet und ich würde eines wohlverdienten Todes sterben.
Ich freute mich nicht darauf. Ich freute mich darauf, die Drachen zu töten, natürlich. Aber was meinen Tod betraf, hatte ich keinerlei Gefühle. Was sollte ich auch groß fühlen? Es war eine unausweichliche Tatsache, die für jeden Menschen am Ende ihres Lebens, am Ende ihres Schicksals stand.
Der Aufstieg über die Berge, hinter denen sich das Tal befand, war der schwerste Teil der ganzen Reise. Ich stieß ein klein wenig an meine Grenzen, da ich keinerlei Erfahrung mit dem Klettern hatte. Einmal mehr hasste ich mein Anhängsel für ihre Existenz.
Doch wieder zählte nur, dass ich es letztendlich schaffte. Auch niemand der anderen stürzte ab oder ähnliches, aber das spielte keine Rollen. Sollten sie doch sterben, schließlich hatten sie sich aus freien Stücken dazu entschieden, mir zu folgen und das quasi gegen meinen Willen.
Aber das war ja nicht das, worauf ich mich konzentrierte. Nein, ich sah jetzt das Tal vor mir. Das Tal der wahnsinnigen Drachen. Hier in der Gegend gab es Gerüchte darüber. Seit Jahrhunderten hatte niemand mehr dieses Tal betreten und auch kein Drache war in all der Zeit gesichtet worden, aber einige Wanderer berichteten von seltsamen Geräuschen und Lichtzeichen. Ich hatte eine alte Zeichnung des Tals gefunden. Die Berge, die das Tal umgaben, wiesen viele, sehr große Höhlen auf. Das war wohl der Grund, warum die Drachen sich damals in dieses Tal geflüchtet hatten, obwohl die Umgebung ansonsten keine guten Lebensbedingungen aufwies.
Dementsprechend war ich nicht verwundert, dass ich keinen Drachen sah, als ich in das Tal hinabblickte. Zeit für den Abstieg.
Der musste allerdings an einer ganz bestimmten Stelle stattfinden. Denn mir war noch etwas anderes zu Ohren gekommen. Der Drachenkrieger, der für die Menschen gekämpft hatte, hatte einen großen Zauber durchgeführt. Dieser Zauber hatte die Lebensenergie der Drachen auf einen Punkt konzentriert und zwar einen riesigen Kristall. Das verhinderte, dass die Drachen einfach hinfliegen konnten, wohin sie wollten. Der eine Drache, der mein Heimatdorf angegriffen hatte, musste den Zauber irgendwie umgangen haben. Und genau das war das Zeichen dafür, dass ich den Kristall zerstören und damit ein für alle Male alle Drachen töten musste.
Die Abstiegsstelle, die zu der deutlich kleineren Höhle mit dem Drachenkristall führen sollte, war schnell gefunden. Der Drachentöter hatte sie damals eigenes erschaffen und markiert. Dementsprechend war auch der Abstieg deutlich leider als der Aufstieg.
Es war zu einfach.
Der Höhleneingang war verschüttet. Es gab noch einen anderen, für den Fall, dass so etwas passieren sollte. Er führte durch einen großen unterirdischen See. Der Eingang zu diesem Weg war zum Glück nicht verschüttet und er war zu klein für einen Drachen. Überhaupt sah ich kein Anzeichen für auch nur einen Drachen. Vielleicht waren sie bereits alle gestorben. Aber sicher war sicher. Ich würde den Kristall zerstören.
Es schien ein leichtes Unterfangen zu werden. Die anderen staunten über die riesige Höhle mit dem See. Ich sah bloß das andere Ende der Höhle. Wie das Schwert war auch der Kristall hinter einer Wand versteckt, die nur Drachenkriegern zugänglich war.
Doch bevor ich auch nur die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, sprang mich mit einem Mal etwas von der Seite an. Nicht etwas, jemand. Ein Er, der etwas kaltes, scharfes an meine Kehle drückte.
„Kein Schritt weiter!“ Seine Stimme war durchdringend, aber weich. Weich, weil er noch sehr jung zu sein schien, höchstens 16 Jahre alt. Würde er sich nicht mit seinem ganzen Gewicht an mich klammern und hätte er mich nicht überrascht, wäre es ein Leichtes gewesen, ihn aus dem Weg zu räumen. Da er aber genau das getan hatte, verlor ich beinahe das Gleichgewicht, aber nur beinahe.
„Wer bist du denn?“, stieß ich hervor. Das Mädchen, deren Schwarm ich war, stützte mich von der Seite, damit ich nicht doch noch umfiel. Ein schnelles Reaktionsvermögen hatte sie, das musste man ihr lassen.
„Ich bin dein schlimmster Albtraum, Drachentöter!“ Seine noch beinahe kindliche Stimme war zu süß. Auch wenn er sehr entschieden sprach, konnte ich ihn nicht ernst nehmen und wollte Lachen.
„Ach ja? Und was willst du tun? Mich umbringen? Dann tue es“, meinte ich amüsiert.
„Mach dich nicht über mich lustig! Ich weiß alles über dich! Die Drachen können dich spüren, sie haben mir alles erzählt! Du willst sie alle umbringen, aber ich werde das verhindern!“, erwiderte er wütend. Jetzt musste ich wirklich lachen. Es hallte in der großen Höhle wieder.
Beleidigt löste sich der Junge von mir und sprang ein Stück zurück, seine Waffe hoch erhoben. Es hatte Ähnlichkeit mit einem Dolch, schien aber aus Stein gefertigt zu sein.
„Was willst du tun, Knirps? Den Überraschungsmoment hast du ja jetzt verstreichen lassen.“ Abwartend sah ich ihn an. Er musterte mich bloß, ohne etwas zu sagen.
„Du bist kalt“, stellte er schließlich fest. „Deine Seelenlosigkeit macht dich kalt.“ Sein Blick war... mitleidig? Traurig? Er schaute mich an, als würde er mich bedauern. Mehr noch, als würde er mich retten wollen.
Ich musste wieder lachen. Was dachte der Knirps sich? „Lass mich einfach durch.“ Ich streckte einen Arm aus und schob ihn zur Seite. Ein brennender Schmerz zog sich plötzlich durch meinen Arm. Ich stöhnte auf, sowohl vor Schmerz als auch vor Schreck. Was...? Ich sah meinen Arm an. Blut Tropfte von meinen Fingern, mein Blut. Er hatte mit seinem Steindolch meinen Unterarm aufgeschlitzt.
Dank meiner Heilfähigkeiten schloss sich der Schnitt bereits wieder langsam. Das änderte aber nichts an der Erniedrigung.
„Dir ist es also ernst“, stellte ich fest. Er presste bloß die Lippen aufeinander und starrte mich an.
Die Minuten verstrichen.
Schließlich trat er dicht auf mich zu und sagte: „Dein Geist ist verdorben. Du hast deine Seele eingetauscht und dadurch alles verloren, was von Bedeutung ist. Du hast das Drachentöterschwert an dich genommen, einen Drachen getötet und bist hier hergekommen, um den Drachenkristall zu zerstören und damit alle anderen Drachen ebenfalls zu töten. Du hast keine Ahnung, was du eigentlich tust, folgst etwas, von dem du denkst, es wäre ein Instinkt. Du kennst weder die Drachen noch ihre Geschichte. Du bist blind und fehlgeleitet. Einer der letzten Drachenkrieger, ein Monster.“
Ich zog die Augenbrauen zusammen. Es hatte geklungen, als würden mehrere Stimmen zu mir sprechen und nicht bloß eine. Die Stimmen der Drachen?
„Du bist genauso wahnsinnig wie diese Drachen“, sagte ich verärgert. „Was machst du überhaupt hier? Lass mich durch und wir bringen dich zurück dorthin, wo du hingehörst.“
„Du verstehst es nicht! Du darfst die Drachen nicht töten! Dein Schicksal ist es, ihr Erretter zu sein!“
„Mein Schicksal ist es, die Drachen zu töten“, widersprach ich und ging an ihm vorbei. Dieses Mal griff er mich nicht an. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Die anderen folgten mir nicht. Sie riefen mir etwas hinterher, aber ich hörte sie nicht.
Ich legte meine Hand auf die Wand, sprach die Worte, die ich in den Aufzeichnungen des damaligen Drachentöters gefunden hatte und die Höhlenwand erbebte und verschwand. Der Kristall leuchtete. Es schien, als wäre er mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt, in der sich weiße Fäden hin und her bewegten. Waren das... die Seelen der Drachen?
Ich hob mein Schwert, um den Kristall zu zerstören. Die Aufzeichnungen des damaligen Drachentöters hatten mir ebenfalls verraten, dass er sein Schwert mit einem Zauber belegt hatte, der den Kristall zerstören konnte.
Doch dann hielt ich mitten in der Beweung inne. Ich weiß nicht, warum. Ich tat es einfach. Langsam streckte ich meine Hand dem Kristall entgegen. Ich wollte... Ich musste... Irgendetwas regte sich in mir, pulsierte, kämpfte. Mein Kopf schmerzte. Alles schmerzte. Ich spürte meine Beine nicht mehr. Ich...
Meine Hand berührte den Kristall und ich schnappte nach Luft.
Ich sah den Jungen. Der Junge, der mich eben angegriffen hatte. Er... Er lebte bei den Drachen, lebte mit ihnen zusammen und sie... sie liebten ihn, behandelten ihn wie eins ihrer Drachenkinder. Oh, ja, sie hatten Drachenkinder. Es waren nicht viele und sie sahen dürr und abgemagert aus, aber sie tollten dennoch glücklich umher und...
Mir wurde schwindelig und schwarz vor Augen. Was war los? Was... Meine Brust schmerzte. Mein Herz zog sich zusammen. Ich schmeckte Tränen und spürte sie meine Wangen hinablaufen. Ich spürte... Alles.
Das-Das waren die Drachen. Sie... Ihre Gefühle... Ihre Seelen, ihre Gedanken strömten durch meinen Körper und füllten das aus, was der Dämon aus mir herausgerissen hatte. Sie gaben mir zurück, was ich verloren hatte. Sie-
Ich verlor das Bewusstsein und kippte zur Seite.

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