Donnerstag, 4. Juni 2015

52/52 Challenge: Schattenkrieg - Die Organisation Taube

Weiter geht's mit der Nummer 44.
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Wort: Symbol
Wörter: 1177

Schattenkrieg - Die Organisation Taube

Sie war während des ersten Krieges gegen die Schatten und die Krankheit entstanden. Sie bestand aus Leuten, die die Krankheit irgendwie überlebt hatten. Leuten, die zu viel wussten. Leuten, die mehr wissen wollten. Leuten, die irgendetwas tun wollten. Die irgendwas gegen das Militär tun wollten.
Sie hielten sich versteckt in einem alten, halb zugeschütteten Bunker, von dem das Militär annahm, er sei zerstört worden. Sie harrten aus und schmiedeten Pläne.
Einer von ihnen war One. Er war der Sohn des Anführers der Organisation und hatte es hoch zum stellvertretendem Anführer geschafft. Er besaß eine Menge Willenskraft und Entschlossenheit und das war es auch, was ihn auf diesen Posten gebracht hatte. Da alles demokratisch durch Abstimmen entschieden wurde, hatte sein Vater da auch nicht mehr Einfluss, als jeder andere. Er konnte wirklich stolz sein, auf das, was er erreicht hatte und das war er auch. Er war unheimlich stolz.
Doch er wollte noch mehr. Er wollte seinen Vater stolz machen. Seinen Vater, den er so sehr bewunderte. Eines Tages wollte er so sein, wie er.
Mit argwöhnischen Augen sah sein Vater, Six, dabei zu, wie One mit den anderen, die zur Organisation Taube gehörten, sprach. Sie diskutierten eins der stets wiederkehrenden Themen – die Lebensmittel- und Wasserknappheit, die Krankheit und alles, was mit ihr zusammenhing und zu guter Letzt natürlich ihre Pläne bezüglich des Vorgehens gegen das Militär.
Heute ging es ums Militär. In letzter Zeit war das Thema etwas mehr in den Hintergrund gerückt, da besonders die Lebensmittel- und Wasserknappheit sehr präsent gewesen war. Doch heute hatte eine kleine Gruppe neue Vorräte beschaffen können und sie hatten dabei mehrere Rekruten des Militärs geschehen. Laut den Beobachtern waren es allesamt Kinder gewesen, der Älteste höchstens 18 Jahre.
One war auch fast noch ein Kind, gerade erst 20 geworden und doch sprach er sich klar dafür aus, dass sie den Rekruten nicht trauen sollten und immer zuerst mit Waffengewalt drohen sollten. „Angriff ist die beste Verteidigung“, sagte er.
Six wünschte, sein Sohn wäre nicht so wie er selbst und würde nicht so sehr zu ihm aufblicken. Er hatte Potential. Er hatte unglaubliches Potential und er war so wild entschlossen. Doch er wollte werden, wie sein Vater. Das war alles, was er je gewollt hatte. Manchmal fragte Six sich, was er falsch gemacht hatte, dass sein Sohn so sehr werden wollte, wie er selbst. Warum sah er keine anderen, neuen Wege? Warum biss er sich in dem Altbekanntem fest? Er wünschte wirklich, sein Sohn würde sich mehr darauf konzentrieren, sich selbst zu finden, anstatt ihm nachzueifern.
Ich mache mir auch Sorgen um ihn“, meinte seine Schwester, Four, die neben ihren Vater getreten
war.
Ich fürchte, dazu haben wir auch allen Grund. Er hat einen sehr großen Einfluss und viele glauben, dass seine Art zu denken, uns letztendlich zum Erfolg führen wird.“ Six kehrte der Diskussionsgruppe den Rücken zu und blickte seinem ältesten Kind in die Augen. Four wurde bald 30 Jahre alt. Vor zwanzig Jahren hatten sie den Krieg als 9 Jährige hautnah mit erlebt. Ihr Gesichtsausdruck war hart und unnachgiebig. Sie sah immer aus, als würde sie einen Panzer tragen, um sich zu schützen. Doch in ihren Augen flackerte Lebenswille und Lebenslust. Sie war ein so fröhliches, aufgewecktes Kind gewesen, hatte immer gelacht und stets das Positive in alles und jedem gesehen. Das tat sie noch. Trotz der Schutzmauer, die sie erbaut hatte, um weder Gefühle nach innen noch nach außen dringen zu lassen, konnte sie immer noch das Gute sehen. Das wusste er. Und es war eine sehr wertvolle und wichtige Eigenschaft.
One mochte stellvertretender Anführer sein, aber wenn es an der Zeit war und das würde schon bald sein, würde Four seine Nachfolge antreten. Six hatte seinem ältesten Kind bereits von dem Plan erzählt, den er sich überlegt hatte. Es würde nicht leicht sein, aber es würde funktionieren.
Dennoch schmerzte der Gedanke jedes Mal ein bisschen. Sie würden Gewalt anwenden, um diese Organisation wieder zu einer gewaltfreien Organisation zu machen. Aber das war nun mal die Ironie des Lebens.
Six blickte auf die tätowierte Taube auf seinem Handrücken. Jeder von ihnen trug so eine. Sie diente als Erkennungssymbol für ihre Organisation. Viele, besonders die Jüngeren, die One so sehr an den Lippen hingen, hatten vergesse, was sie wirklich bedeutete. Nach dem Tod seiner Frau, Five, hatte auch Six vergessen, was es bedeutete.
Doch jetzt, wo sein Leben sich dem Ende neigte, wo er spürte, wie das Gift in seinen Adern – und das war es, Gift und nichts anderes – ihn mehr und mehr von innen heraus zerfraß, erkannte er wieder, dass ein direkter Kampf keinen Sinn hatte. Denn ein direkter Kampf war genau das, was das Militär wollte.
Deshalb hatten sie sich damals ursprünglich in diesen Bunker geflüchtet, nachdem sie von den Experimenten und allem, was dahinter steckte, erfahren hatten. Die Schatten waren gekommen und die Krankheit ausgebrochen und sie hatten festgestellt, dass sie alle Teil eines Experiments waren. Es hatte Six zutiefst erschüttert, dass seine Frau, Five, eine der Wissenschaftlerinnen war und obendrein auch noch ihre eigene Familie als erste Probanden gewählt hatte.
Allerdings hatte sie nicht gewusst, was wirklich hinter allem steckte. Sie hatte falsch gehandelt, das war ihr selbst mehr als nur bewusst gewesen. Aber sie hatte es für ihre Familie getan, besonders ihre Söhne waren perfekt geeignet gewesen. Six war immer noch wütend auf sie deswegen, aber er konnte sie nicht hassen. Sie war schon immer eine sehr leidenschaftliche Wissenschaftlerin gewesen, die keine Risiken scheute. Am Ende hatte sie das ihr Leben gekostet, da auch sie als Probandin fungiert hatte und bei der Geburt ihrer zweiten Tochter, Seven, gestorben war.
Er wird nie vergessen, was sie an an ihrem Sterbebett zu ihm sagte und wie sie wieder und wieder von der Taube und vom Frieden sprach. „Ich wollte nie einen Kampf, einen Krieg. Was passiert ist, der Unfall, das ist schrecklich. Aber damit hatte ich direkt nichts zu tun. Ich wollte immer nur Frieden für euch, meine Familie, für uns. Ich wollte, dass wir ein langes, friedliches Leben führen können. Es klang so vielversprechend, als sie sagten, wir können ewig leben und niemand müsse je mehr sterben. Es klang so vielversprechend... So friedlich. So wunderbar friedlich. Ich habe immer geträumt, dass eine Taube zu allen kriegtreibenden Menschen dieser Welt fliegt und ihnen den Frieden bringt. Ich wollte diese Taube sein. Ich wollte, dass ihr diese Taube seid. Ich wollte, bloß Frieden.
Ihre Absichten waren rein gewesen, immer. Ihre Logik mochte etwas seltsam und fragwürdig gewesen sein, aber sie hatte nie jemandem weh tun wollen. Nicht sie. Niemals. Sie war einfach zu naiv für diese Welt gewesen.
Six wünschte, dass diese Naivität eines Tages die Welt würde retten können. Vielleicht würde Seven, die Jüngste der Familie, eines Tages die Welt retten...
Sie liebte Tauben, hatte sie einmal gesagt. Natürlich liebte sie Tauben. Six hatte ihr wieder und wieder von dem Traum ihrer Mutter erzählt. Wenn jemand an das Symbol der Taube und dem ihr innewohnenden Frieden glaubte, dann war sie es.
Eines Tages würde sie zur Taube werden und Frieden schaffen.

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